Live-Hörspiel mit den KLANGSCHÜRFERN
„Ich weiß nicht, warum ich ihm nie übelgenommen habe, dass er plötzlich dealte. Wahrscheinlich weil er immer fair blieb und weil er mir einmal nachts erzählte, er wollte anderen Leuten einfach ein paar tolle Stunden im Leben ermöglichen. Na ja.“ (Future, Keipenpächter)
Joshua, genannt Pille, kommt aus dem Drogenentzug nach Hause.
Doch sein Weg zurück in die Normalität - Schule, Elternhaus, Freundin, Kumpels - gestaltet sich schwierig.
Am Ende kapituliert Joshua vor den Herausforderungen seines Lebens.
„Er hatte sich verändert in der kurzen Zeit, sehr sogar. Und, ja, ich war stolz auf ihn, so stolz. Wie er dasaß und sprach!
Irgendwann musste ich plötzlich weinen. Mein Joshua!“ (Mutter)
Dieses Jugendbuch von Uwe Britten sticht wohltuend aus der Masse der literarisch wie pädagogisch wenig überzeugenden Drogen- und
Problembücher heraus:
Es nimmt seine Leser*innen (und Zuhörer*innen) ernst, indem es keine vorverdauten Interpretationen liefert, sondern sie mit unkommentierten Meinungen aller Protagonist*innen
konfrontiert.
„Das war es also. Aus ihm würde nie etwas werden. Er war einfach zu labil.
Er konnte nicht nur Frust nicht aushalten, er konnte ja nicht einmal die minimalen Erfolge, wenn er denn mal welche hatte, genießen.
Wenn man ehrlich war, musste man zugeben, dass er das war, was man einen »Blender« nennt.“ (Vater)
Joshuas Weg wird ausschließlich durch die Menschen aus seinem Umfeld geschildert.
Stück für Stück setzt sich so aus den Einzeleindrücken von Freundin und Kumpels, Mutter, Vater und Schwester, Lehrerin und Kneipenpächter ein Gesamtbild von Joshuas Leben zusammen - ohne die
einzelnen Menschen zu bewerten, nicht einmal in dem Versuch, dieses Schicksal zu erklären.
„Als wir mal allein waren, erzählte Pille, dass er wegen der Medikamente keinen mehr hoch bekäme.
Schon eigenartig. So was weiß man normalerweise gar nicht.“ (Rainer)
So entsteht der seltene Glücksfall, dass durch die unmittelbare Schilderung dieses Schicksals das Mitdenken, Mitfühlen und die persönliche Betroffenheit in den Zuhörern wachsen kann.
Unaufdringlich, distanziert - eindringlich und schonungslos kommen die Fragen daher, denen sich jede*r Jugendliche auf die eine oder andere Weise stellen muss:
Was will ich von meinem Leben?
Und - habe ich eine Wahl?
„Dann schloss er die Tür ab. Ich wurde aufgeregt. Wir hatten nicht miteinander geschlafen, seit er zurück war.
Er knöpfte mir die Bluse auf und küsste meinen Hals. Dann zog er die Körbchen vom BH herunter und legte die Wange zwischen meine Brüste.
Weiter passierte nichts.
Irgendwann standen wir wieder auf. Und dann musste ich auch nach Hause.
Wir haben an diesem Abend nur ganz wenig gesprochen. Es war eigenartig.“ (Biggi)
Durch die eindringliche Gestaltung der Rollen zieht der Schauspieler Rainer Rudloff die Zuhörer von der ersten Minute an in das Geschehen hinein.
Es ist das Beste, was diesem Werk passieren kann: es erhält eine Unmittelbarkeit und Lebendigkeit, die keiner Interpretation bedarf.
Die Soundscapes des Komponisten Martin Daske wirken auf subtile und untergründige Weise, seine musikalische Umsetzung der Pillen-Trips ist verstörend fremdartig, verlockend und
intensiv.
Daskes Vertonung entspricht der Intention des Buches - er nimmt die Schüler*innen für voll, in ihrer künstlerischen Wahrnehmungsfähigkeit, in ihrer Begabung zu Niedertracht und Mitgefühl.
Eine großartige Produktion, die auch als KLANGSCHÜRFER-HörSpielBuch auf zwei CDs erhältlich ist.
Jugendliche ab 14 Jahren.
8.-10. Schulklassen.
Dauer: ca. 80 Minuten.